“Und jetzt pinkel mich bloß nicht an!”
Das war der erste Satz, den der Kinderarzt zu meinem winzig kleinen Lottababy sagte, als er sich in seinem gestärkten, weißen Hemd über sich beugte, um die U3 durchzuführen.Rational betrachtet ist das ein berechtigter Wunsch, wer lässt sich schon gerne anpinkeln? Beim eigenen Kind nimmt man das halt hin, wenn es mal passiert, aber bei fremden Kindern? Ich gebe zu, das muss nicht sein. Aber mein gerade entbundenes, hormongeschwängertes Ich wusste in diesem Moment, dass wir nach beendeter Untersuchung keinen Fuß mehr über diese Praxisschwelle setzen würden.
Da man aber nun mal einen Kinderarzt braucht, machte ich mich auf die Suche nach einem Neuen. Diesen ersten Arzt hatten wir von unserer Nachsorgehebamme empfohlen bekommen. Leider kein guter Tipp.
Was macht einen guten Kinderarzt eigentlich aus?
Vielleicht bin ich durch meinen medizinischen Hintergrund ein bisschen pingelig, aber ich wünsche mir von dem Arzt meiner Kinder, dass er nicht nur mich, sondern auch sie begrüßt. Ich möchte, dass er ihnen dabei in die Augen sieht und sie wahrnimmt. Er soll einfühlsam und kindgerecht, aber gründlich untersuchen. Und ich möchte, dass er uns als Eltern ernst nimmt und zuhört, wenn wir Symptome schildern, Sorgen oder Fragen haben.
Mir ist es unheimlich wichtig, dass der Kinderarzt sympathisch ist und wir das das Gefühl haben: Der weiß, was er tut. Denn im besten Fall sehen wir ihn oder sie nur zu den regelmäßigen Impfterminen und U-Untersuchungen. Im Normalfall wohl etwas öfter, vor allem, sobald das Kind in der Krippe ist. Bei nicht sinken wollendem Fieber, Husten, Schnupfen, Heiserkeit, bei der gefürchteten Hand-Fuß-Mund-Krankheit oder der relativ banalen Bindehautentzündung. Im schlimmsten Falle aber teilt uns dieser Mensch vielleicht schlechte Nachrichten mit, die uns den Boden unter den Füßen wegziehen und uns umhauen.
Für keine dieser drei Möglichkeiten – und erst Recht nicht für die letzte, von der ich hoffe, dass sie nie eintreten wird – wünsche ich mir einen Arzt, dessen erster Satz zu meinem Kind lautet: “Und jetzt pinkel mich bloß nicht an!”.
Aber wie findet man einen richtig guten Kinderarzt?
Der Hebammentipp ist bei uns nach hinten losgegangen. Ich hab natürlich zuerst Freunde gefragt, sogar solche, die gar nicht mehr in Hamburg lebten, um möglichst viele gute Tipps zu bekommen. Aber irgendwas war immer – meistens waren die Praxen einfach viel zu weit entfernt von unserer Wohnung, als dass wir sie auch im “Notfall” mal mit einem brüllenden Kind in angemessener Zeit hätten erreichen können.
Also hab ich gegoogelt. Bei Google Maps hab ich Kinderarzt als Suchbegriff eingegeben und alle Ärzte innerhalb des 2,5 km Radius habe ich mir genauer angeschaut. Ihre Webseiten durchgeklickt, Teamfotos angeschaut, mich für die sympathischsten entschieden, einen Termin gemacht und – Glück gehabt.
Das hätte aber auch anders laufen können, denn niemand, den ich kannte, konnte mir etwas zu dieser Praxis oder zu den Ärzten sagen. Ich bin zwar trotzdem hingegangen, ein paar Meinungen vorab hätte ich aber durchaus sehr praktisch und beruhigend gefunden.
Tipp: Die weiße Liste!
Und weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass es einigen jungen Eltern so geht, möchte ich euch gerne die weisse Liste vorstellen. Dabei handelt es sich um ein Projekt der Bertelsmann Stiftung, das Patienten und Angehörigen helfen soll, einen Arzt, ein Krankenhaus oder die geeignete Pflegeleistung zu finden. Sie soll als ein Wegweiser im Gesundheitssystem dienen, Ziel ist es, die Angebote und Qualität der Anbieter (also Ärzte, Krankenhäuser und Pflegeleistungen) transparent zu machen. Sie bietet die Möglichkeit der Arztbewertung und zwar in Form von standardisierten Fragebögen, die in mehreren Schritten entwickelt, überprüft und angepasst wurden. Im Zentrum stand die Frage: Was interessiert Patienten eigentlich, wenn sie beim Arzt sind? Was ist ihnen wichtig?
Ich hab die weisse Liste ausprobiert, mich durchgeklickt und ich finde das System wirklich gut. Um einen oder mehrere Ärzte zu bewerten, meldet man sich mit seinen normalen Daten an, zusätzlich muss die Versichertennummer angeben werden. Dadurch wird gewährleistet, dass keine Mehrfachbewertungen durchgeführt werden, ein Schutz vor Manipulation also. Die Daten werden übrigens nicht weiterverwendet und auch die Bewertung erscheint natürlich anonym. Bewerten können momentan alle Versicherten der AOK, der BARMER GEK, der TK und der Bertelsmann Betriebskrankenkasse, sobald sie älter als 15 Jahre sind.
In den Fragebögen werden die Bereiche Praxis & Personal, die Arztkommunikation, die Behandlung und der Gesamteindruck bewertet, anhand von spezifischen Fragen, die von “trifft voll und ganz zu” bis “trifft überhaupt nicht zu” beantwortet werden können. Mir machen solche Fragebögen Spaß, muss ich ehrlich zugeben. Als ich noch keine Kinder hatte, bin ich immer ein bisschen langsamer gegangen, wenn ich in der Innenstadt Menschen mit Klemmbrett und Lauerblick gesehen habe, in der Hoffnung, dass ich vielleicht angesprochen werde und einen Fragebogen ausfüllen darf. Mit zwei Kleinkindern ist das unterwegs nicht mehr ganz so spaßig, aber zuhause am Computer, in einer ruhigen Minute, fülle ich schon gerne mal eine Umfrage aus. Vor allem, wenn wie durch die Fragebögen der weissen Liste, die Qualität in einem so wichtigen Bereich wie der Medizin erhoben, vergleichbar gemacht und gesichert werden soll. Denn durch die Möglichkeit der Bewertung der einzelnen Ärzte, Krankenhäuser und Pflegedienstleister kommen diese natürlich auch in eine Konkurrenzsituation und müssen bemüht sein, an sich und ihren Leistungen zu arbeiten, um dem Vergleich standhalten zu können. Um das Beste für sich rauszuholen, müssen sie also auch das Beste für ihre Patienten rausholen.
Die Arztbewertungen werden übrigens erst angezeigt, wenn ein Arzt fünf Bewertungen erhalten hat. Da dies bei vielen noch nicht der Fall ist, die Bewertungen aber einer der großen Vorteile der Arztsuche durch die weisse Liste sind – vielleicht habt ihr ja Lust, eure Ärzte zu bewerten? Damit macht ihr es nicht nur anderen Eltern (oder anderen Patienten) leichter, einen guten (Kinder-)Arzt zu finden, ich empfinde es auch als ein kleines “Danke” an den Arzt, der mich oder meine Kinder gut behandelt, immer nett ist und sich Zeit nimmt.
Für alle, die noch nicht bewerten können, weil sie erstmal den passenden Arzt finden müssen, bietet die weisse Liste aber auch unabhängig von den Bewertungen unheimlich gute Suchfunktionen. Gesucht werden kann zunächst nach folgenden Kriterien:
- Fachgebiet
- Name
- Zusatzbezeichnung
- Ort
Die zusätzlichen Filteroptionen finde ich wirklich super gewählt – es werden Filter wie
- Online-Terminvereinbarung
- Nur Ärzte / Ärztinnen
- Zusatzbezeichnungen wie Allergologie uvm.
- Art der Abrechnung (gesetzlich oder privat)
- besondere Merkmale der Praxis (Rollstuhlgerecht, Fahrstuhl vorhanden, Anschluss an Bus und Bahn)
angeboten – und das ist nur ein Teil davon.
Die Ergebnisliste kann wiederum nach verschiedenen Kriterien sortiert werden. Möchte ich, dass mir die Ergebnisse nach Entfernung oder nach der Weiterempfehlungsbereitschaft angezeigt werden? Oder doch lieber nach der Zufriedenheit der Behandlung? Alles kein Problem.
Außerdem können für jeden Arzt noch die Details eingeblendet werden, ich sehe also auf einen Blick:
- die die Fachrichtung plus mögliche Zusatzbezeichnungen
- die Telefonnummer
- die Entfernung
- die Öffnungszeiten
- Selbstzahler / Privatpatienten und / oder gesetzlich Versicherte
- die Bewertung für den Arzt, wenn schon mehr als fünf davon vorliegen.
Noch mehr Details und Infos bekommt man, wenn man auf den Namen des Arztes klickt. Hier zum Beispiel der direkte Link zur Homepage der Praxis und eine Übersicht, wo genau die Praxis liegt. Ganz großartig finde ich auch den Facharztdolmetscher und den Befunddolmetscher. Ich habe sieben Jahre im Krankenhaus gearbeitet und weiß, dass viele Patienten einfach nicht verstehen, was ihr Arzt ihnen da erzählt hat. Oft trauen sie sich nicht, nachzufragen und um Erklärung zu bitten. Entweder, um nicht dumm zu erscheinen oder weil sie das Gefühl haben, dass der behandelnde Arzt sowieso schon im Stress ist. Also googeln sie später, landen in einem Forum, lesen sich halbrichtige oder auch ganz falsche Informationen an, werden vielleicht ängstlicher, als sie sein müssten und bekommen Panik. Oder sie informieren sich gar nicht, was ich persönlich genau so schlimm finde. Denn mündige, informierte und aufgeklärte Patienten sind zwar manchmal ein bisschen zeitintensiver und gefühlt anstrengender – aber würde es sich nicht für jeden von uns besser anfühlen, zu wissen, was da eigentlich passiert, worum es geht, was man hat, wenn man zum Arzt geht? Eben.
In diesem Sinne hoffe ich, dass einige von euch sich vielleicht die Zeit nehmen, sich die weisse Liste mal anschauen und im besten Falle ihre Ärzte bewerten. Damit andere von euren Erfahrungen profitieren können und auf Anhieb einen Arzt finden, bei dem sie sich wohl fühlen. Oder einen Pflegedienst, der hilft, einen geliebten Angehörigen angemessen zu versorgen, ein Krankenhaus, in dem es nicht nur um die Zahlen, sondern noch um die Patienten geht.
Dieser Post entstand übrigens in Kooperation mit dem eMAG Lebenlang, in dem ihr auch einen Artikel zur weissen Liste finden könnt, hier geht es speziell um die Bewertung von Zahnärzten. Aber nicht nur den Artikel solltet ihr euch anschauen, auch das Magazin an sich. Lebenlang ist das zweite eMAG der großartigen Gründerinnen des sisterMAG, Toni und Thea. Während es im sisterMAG eher um digitale Trends, Mode, Technologie, Essen, DIY und andere Lifestyle-Themen geht, richtet sich Lebenlang an alle, die neben Lifestyle-Themen auch Fachinformationen rund um Pflege, Aktivität und Gesundheit interessant finden.
Screenshots: Copyright © 2015 Weisse Liste gGmbH
6 Comments
Liebe Johanna, vielen vielen Dank für den tollen und ausführlichen Bericht!!! Und natürlich die lieben Worte an uns :). Ganz schönes Wochenende! Deine Thea
Liebe Thea,
sehr sehr gerne! Es hat mir wirklich richtig Spaß gemacht, irgendwie hängt mein Herz doch noch ein bisschen an der Medizin ;-).
Dir auch ein schönes Wochenende,
liebe Grüße!
Danke für den super Tipp! Aktuell bin ich zwar mit meinen Ärzten recht zufrieden, aber nächstes Jahr werd ich voraussichtlich in eine andere Stadt ziehen und dachte mir letztens schon: Uuuaaaaah, hoffentlich finde ich dann überhaupt wieder Ärzte, bei denen ich mich so wohl fühle, wie bei den Ärzten jetzt. Aber dann schau ich mal bei der weißen Liste vorbei :)
Liebe Grüße,
Natalie
Liebe Natalie,
sehr gerne! Ich fand es auch unheimlich schwer, gute Ärzte zu finden, als ich nach Hamburg gezogen bin. Damals hätte ich sowas wie die weisse Liste auch gut gebrauchen können. Ich drück dir die Daumen, dass sie dir dabei hilft, wenn du umziehst.
Liebe Grüße,
Johanna
Ich bin Anfang des Jahres von Hamburg nach Hannover gezogen: den Kinderarzt zu wechseln, habe ich mich noch nicht getraut. Zum Glück musste wir bisher nie dringend hin, sodass ich für geplante Termine einfach nach Hamburg fahre.
Ich werde mir jetzt aber mal die Liste genauer angucken.
DANKE, Johanna.
LG, Lina
Gute Sache … aber bisher habe ich meine Ärzte immer gut über Jameda gefunden. Was ist denn genau der Unterschied (bis auf, dass ich bei der weißen Liste offenbar gar nicht bewerten darf!)?
In München ist es übrigens so krass mit den Kinderärzten, dass man sich schon vor der Geburt auf die Wartelisten setzen lassen muss, damit man hoffentlich einen Termin zur U3 bekommt. Viele Ärzte nehmen “ältere” Kinder auch gar nicht mehr, man kann also nach der U3 auch nur noch schwer den Arzt wechseln. Das scheint bei euch ja zum Glück besser zu sein?