Es fällt mir schwer, das schreiben. Zwischen Schule, Kita, Kooperationen. Zwischen stillen, streiten, Fußball im Flur und Schwimmkurs. Zwischen Wäscheständer und dem Staub, der durch die Wohnung wirbelt. Zwischen immer aufmerksam sein. Zahnpastaflecken, helfen. Leben üben, vorleben, Vorbild sein.

Zwischen Gesang und Geplapper, Begleitung, MamaMamaMama, Fragen, Terminen und Plänen. Meine Gedanken gehören nie ganz mir.

Zwischen Trends, Trockenblumen und Klimakatastrophe, zwischen Milch und Margarine. Zwischen Herzschmerz und Weltschmerz. Ich stehle mich heimlich zum Laptop, meine Finger fliegen über die Tasten. Schaffen, schnell viel schaffen.

Gleich gleich, nur noch schnell zu Ende schreiben. Eine kleine warme Hand zieht mich weg. Meine Worte bleiben noch im Textfeld hängen, mein Körper ist schon halb aus dem Zimmer.

Stapel, überall Stapel. Chaos im Kopf, Chaos im Herzen. In der Wohnung sowieso. Frage, Fragen.

So viele Fragen

Was ist gut, was ist gut genug? Was ist heute wirklich wichtig? Wie viel Banalität ist noch erlaubt? Wie viele Texte über dies und das braucht die Welt? Und brauchen wir es vielleicht mehr denn je? Schönes Geschreibsel, Alltagsgeschichten? Um nicht durchzudrehen, nicht wach zu liegen und zu verzweifeln?

Zwischen lauter Selbstliebe und leisen Selbstzweifeln, ist es die Fremdwahrnehmung, die zählt?Zwischen kurzem Konsumglück, wohligem Verzicht und Kritik. Gebaucht ist das neue Neu, langsam das Ziel. Aber die Realität ist schnell, der Alltag noch schneller.

Wer bin ich, wofür will ich stehen, worüber will ich schreiben? Wer will ich sein? Wo will ich bleiben? So viele Fragen.

Und keine Antworten. Einfach machen, einfach machen. Einfach schreiben. Einfach schreiben.

So viele Fragen und keine Zeit zum atmen

Sätze wie Fetzen, wie meine Gedanken, wie mein Bauch. Keine Zeit, keine Zeit und immer nur hetzen. Wie stark muss ich sein und woher nehmen all die anderen ihre Kraft?

Durch fettfingerverschmierte Scheiben blinkt die Sonne. Es ist Herbst. Ende und alles auf Anfang, jedes Jahr wieder. Ein neues Blatt Papier.

Bücherstapel die warten, Geschichten, Freunde, Reisen, der Spaß. Alles wartet. Nur die Erschöpfung nicht. Und der Staub. Auf so vielen Dingen. Und zu wenig Geschichten.

Ich schlucke den Kloß, ich schließe die Augen und atme. Bis die Waschmaschine piept.

 

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9 Comments

  1. Einfach nur so schön zu lesen. Es ist ei uns allen das Gleiche. Danke fur6drine Offenheit, I feel you.
    Liebe Grüße aus Bremen, Anna

  2. Puh! Ich drück die Daumen, dass ganz bald wieder ruhigere Tage kommen. ❤️

  3. Liebe Johanna, es tut gut, deine Texte zu lesen! Diesen Text zu lesen! Danke, dass du dich immer wieder traust. Immer wieder denkst. Und dazwischen auch einfach mal „nur“ Schönes zeigst.

  4. Einfach toll geschrieben. Wir sitzen alle im gleichen Boot! Danke für deine offenen Worte?

  5. Liebe Johanna,
    wunderschön geschrieben, Poesie im Alltagsstress. Ich kann dies gut nachvollziehen, manche Tage fühlen sich nach Hamsterrad an, immer nur rennen und nie ankommen, aber es wird besser und du wirst wieder Zeit für dich bekommen!!
    Liebe Grüße, Tanja

  6. Einer deiner schönsten Texte! Ich folge dir so gerne! Immer eine Bereicherung! Danke!

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