Zu dick, zu weiß, zu dellig, zu knochig, zu wabbelig, zu narbig, mit Besenreisern, Krampfadern oder Dehnungsstreifen.
Kurz gesagt – nicht makellos. Viele Frauen und auch schon Teenager empfinden ihre Beine als nicht schön genug, um im Sommer kurze Röcke oder Shorts tragen zu können. Und die Alternative? Sie schwitzen. Sie schwitzen sich durch den Sommer und verpassen damit: Leichtigkeit.
Meine Bein-Story
Ich weiß sehr gut, wovon ich rede, mir ging es jahrelang ganz genau so. Meine Beine sind nicht besonders lang, ich finde sie immer zu dick, vor allem die Oberschenkel. Meine Haut ist hell und empfindlich, nach dem Rasieren wird sie schnell rot. Sie ist trocken, ich habe Besenreiser und sogar an den Waden Dehnungsstreifen. Von der Cellulite an den Oberschenkeln will ich erst gar nicht anfangen.
Seit ein paar Jahren sehen meine Knie komisch knubbeldick aus, weil die Oberschenkelmasse irgendwie runter drückt.
Und obwohl meine Beine mit den Jahren sicher nicht schöner wurden – seit drei Jahren trage ich im Sommer wieder kurze Röcke und Kleider. Wobei „kurz“ natürlich auch relativ ist, so round about knielang ist meine Wohlfühllänge. Wenn die Teile kürzer sind, zuppel und zieh ich sie immer wieder nach unten, das trägt nicht gerade zum entspannten Sommertreiben bei.
Und wie kam es dazu?
Nachdem Berit von Marmeladekisses das Thema auf Instagram vor kurzem wieder angesprochen hat, habe ich mich in den Stories dazu geäußert und an den Hashtag #freeyourlegs erinnert, den ich vor drei Jahren ab und zu benutzt habe. Auf die Story wurde ich von einer Leserin gefragt, wie es dazu kam, dass ich mich nicht mehr in Jeans und langen Hosen durch die heißesten Sommertage quäle.
Ich konnte das nicht auf Anhieb beantworten. Klar, ich hatte ungefähr ein Jahr nach Bos Geburt super abgenommen und hab mich einfach relativ wohl gefühlt in meiner Haut. Aber ich hab auch nicht weniger gewogen als in den Jahren vor den Kindern – und da hatte ich immer lange Hosen an. Und war nie nie nie schwimmen.
Also hab ich überlegt und überlegt – und irgendwann ist es mir eingefallen. Es war – natürlich – einer dieser unheimlich heißen Tage, an denen ich mich in langer Jeans durch den Tag geschwitzt und gekämpft habe. Wir waren in Ottensen unterwegs und vor einem Café saß eine Frau in kurzer Hose, mit schlanken Beinen – die aber übersät waren mit Besenreisern.
Wie gerne würde ich im Sommer Shorts tragen
Ihre Beine waren wirklich mehr blau als alles andere und – Überraschung – ich dachte nicht:
“Wie furchtbar, die soll sich gefälligst mal eine lange Hose anziehen.”.
Nein, ich dachte:
Wie schön das sein muss, nicht so zu schwitzen. Den Wind und die Sonne auf den Beinen zu spüren, sich nicht insgesamt so überhitzt durch den Tag zu schleppen.
Und während wir den Nachmittag schwitzend in Ottensen verbrachten, kam mir immer wieder diese Frau in den Sinn – besser gesagt: ihre Beine. Und dachte: wenn sie sich das traut, dann muss ich das auch können.
Mein Schlüsselmoment
Und genau das ist der Schlüssel. Ich habe jemand anderen gesehen, der keine perfekten Beine hatte. Eine andere Frau mit vermeintlichen “Makeln”. Zusammen mit meinem Leidensdruck und dem Gefühl, irgendwie immer ein bisschen Sommer zu verpassen durch meine langen Jeans, hab ich mich irgendwann einfach entschieden, auch “kurze” Sachen zu tragen.
Bei Shorts bin ich zwar immer noch nicht angekommen, aber immerhin gehen knielange Röcke und Kleider mittlerweile problemlos. Gerade letzte Woche saß ich wieder im knielangen (Umstands-)Rock zwischen einem Haufen Beautybloggerinnen, alle zwischen 18 und 30 vermutlich und 98% mit schönen, schlanken, straffen und makellosen Beinen. Die sie natürlich bei dem schönen Wetter in Hamburg auch fast alle gezeigt haben. Natürlich, warum auch nicht.
Aber ich kann euch sagen – vor vier Jahren hätte ich mich bis zum Kreislaufkollaps geschwitzt bei so einer Veranstaltung. Wenn ich überhaupt hingegangen wäre. Weil – wie viele Veranstaltungen habe ich schon abgesagt, weil ich mich zu dick gefühlt habe? Es waren einige.
Body Acceptance
Ich bin immer noch nicht so weit, im Sinne von Body Positivity zu sagen, dass ich das Aussehen meiner Beine (oder meines Körpers insgesamt) liebe. Ob ich das jemals tun werde, ist fraglich, unwahrscheinlich. Ich liebe und bin dankbar, dass sie mich verlässlich durch den Alltag tragen. Dass sie funktionieren, so wie sie sollen.
Das ist erstmal das wichtigste. Und deswegen finde ich auch, dass niemand sich an den heißesten Sommertagen in lange Klamotten quetschen muss, nur damit andere nicht mit dem Anblick der vermeintlich unschönen Beine und Schönheitsfehler belästigt werden.
Es geht nicht darum, wie schön oder nicht schön jemand anders unsere Beine findet.
Wenn ich leichter, weniger angestrengt, weniger gestresst, weniger schwitzend durch einen wunderschönen Sommertag komme, dann ist das erstmal so!viel!mehr!wert.
#freeyourlegs – für mehr Leichtigkeit im Sommer
Außerdem bin ich überzeugt davon, dass durch dieses Gefühl von Leichtigkeit sofort eine so schöne Ausstrahlung erzeugt wird, dass man insgesamt einfach attraktiver ist.
Wer weiß – wenn da jemand fröhlich, positiv, optimistisch und mit Spaß leicht beschwingt (Röcke) durch die Sommertage flaniert – vielleicht guckt da einfach niemand mehr so detailliert auf die Beine? Vielleicht fällt da einfach das strahlende Lächeln und die blitzenden Augen mehr ins Gewicht als Knubbelknie, Besenreiser und Co.?
Den Sommer genießen
Statt in schwarzer Jeans und schwarzem Oberteil (hier, ich, jahrelang weil schwarz macht schlank) im Park schwitzend auf der Decke im Schatten zu sitzen ist es so viel schöner, fröhlich, bunt und leicht gekleidet mit den anderen Frisbee zu spielen.
Oder, und ja, das ist nochmal einen ganzen Schritt (oder 10) mehr: schwimmen zu gehen.
Am allerwichtigsten – wohl fühlen
Es macht Spaß, wirklich! Achtet einfach drauf, ein Kleidungsstück zu wählen, in dem ihr euch wirklich wohl fühlt, in dem ihr euch schön findet (bei mir war das unter anderem dieses hier). Das nicht so kurz oder so eng ist, dass ihr die ganze Zeit dran ziehen und zuppeln müsst. Wenn Shorts oder knielang erstmal noch zu kurz ist, dann sind Maxi- und Midi-Röcke eine tolle Alternative. Oder auch luftige, lässige Culottes. Schritt für Schritt rantasten, rausfinden, was sich gut anfühlt und dann:
Do it! Free your legs und genieß den Sommer!
15 Comments
Haha, knubbel an den Knien! Das kenn ich. Stört mich auch. Massiv. Habe ungefähr die gleiche “Beinsituation”. Aber auch ich trage Röcke sehr gerne. Shorts nicht mehr wegen oben genannter knubbel. Ich finde die schönen Frauen sind doch die, die zufrieden in sich sind. Da schaut man doch nicht genau hin, ob da ne Delle ist oder ob da ein Sixpack ist. Ist es nicht das schön gepackte unperfekte was man sich wirklich gerne anschaut, als das makellose?
Ein toller Beitrag! Genau so ist das!
Ich habe auch lange Zeit keine kurzen Röcke oder Shorts getragen, weil ich nun mal keine schlanken Beine habe, das kann ich nicht leugnen. Spätestens beim Hosenkauf wird es mehr als offensichtlich. Und natürlich sind sie nicht nur nicht schlank, sondern auch übersäht mit allem was du im Beitrag so schön erwähnst. Aber irgendwann hatte ich genug und nund trage ich sowohl kurze Röcke als auch Shorts. Klar fühle ich mich an manchen Tagen oder in der Gesellschaft mancher Menschen weiterhin nicht so richtig wohl, aber es geht mittlerweile zumindest bis zu dem Punkt, dass ich es an den meisten Tagen akzeptiere und nicht schwitze.
Danke für den Beitrag!
Liebe Grüße,
Sandra
Ein schöner, ehrlicher Artikel! Ich bin mittlerweile über meine Knubbelknie hinweg. Vielmehr erschreck ich mich immer an meinen hässlichen Füßen. :( Mit Plattfüßen und krummen Zehen fühl ich mich nicht wirklich wohl in Sandalen. Aber ich sehe es auch nicht ein bei 30°C in Sneakern herumzulaufen, nur damit sich niemand an meinen Hexenfüßen stört. Also zieh ich die Sandalen- und Schlappennummer knallhart durch. Wem es nicht gefällt, soll weggucken.
Und wer hat eigentlich festgelegt, wie Knie und Füße auszusehen haben?
LG Jane
Danke für diesen Beitrag!!!! Es könnte die Beschreibung meiner Beziehung mit meinen Beinen sein! Zu Abizeiten wurde ich ausgelacht, weil ich bei 30 Grad in Jeans am See saß. Jahrelang habe ich keine Badeklamotte besessen. Jetzt hab ich einen Badeanzug, nach meiner zweiten Geburt Anfang des Jshres pssst er leider nicht mehr. Zurzeit suche ich im Internet oft nach schönen Sachen für den Sommer. Es sind ausschließlich lange Kleider und Maxiröcke. Ich habe viele tolle Sachen von meiner Mutter geerbt, leider auch ihr Bindewebe und ihre unzähligen Krampfadern. Für mich stand bis jetzt fest, meine Beine sehen in diesem Sommer keine Sonne. Ich glaube Dein Artikel könnte daran was ändern. Danke dafür!!!!
Dank für deinen schönen und ehrlichen Artikel! Und ich dachte, nur ich hätte Dehnungsstreifen an den Waden! Die hatte ich schon als Teenie und ich hab mich so dafür geschämt! Hab auch jahrelang keine kurzen Sachen getragen, bis ich es an einem superheißen Tag einfach nicht mehr ausgehalten habe. Dann hab ich mir erstmal ne Dreiviertel-Hose gekauft gehabt. Inzwischen sind es auch eher Röcke und Kleider, das mag ich einfach viel lieber.
DANKE Johanna!!
Hier genauso….und ich werde bald einkaufen fahren u mich mit Rock u Kleid eindecken! ❤
LG Ariane
Sehr schön geschrieben, liebe Johanna!
Kennst Du schon Taryn Brumfitt und ihre “Body Image” Bewegung? Der Film “Embrace – Du bist schön” dazu lief kürzlich auf Arte und war wirklich sehenswert!
Ich kenn das so gut, liebe Johanna.
Auch das mit den Events absagen, weil man vermeintlich zu dick ist. Ich hab schon alte Freunde lange nicht gesehen, weil ich jetzt mehr wiege, als beim letzten aufeinander treffen.
Ich beschäftige mich schon ein paar Monate ganz intensiv mit Body Positivity & folge auf meinem Instagramprofil auch vielen Frauen, die eher meinem Körper entsprechen. Das hilft mir total, gerade weil in meinem Umfeld auch eher schlanke Frauen leben.
Ich habe lange nichts kurzes getragen weil ich meine Beine zu dünn fand. Knochig und viel zu mager, da wirken die Knie grotesk gross…
es gibt immer einen vermeintlichen Grund, etwas an seinem Körper nicht zu mögen. Danke für deine offenen und mutmachenden Worte.
Liebe Maria,
oh ja, das stimmt, egal, wie viel man wiegt, das ist wirklich unabhängig davon. Ich hoffe, aus deiner Formulierung geht hervor, dass du das mittlerweile doch machst und kurze Sachen trägst.
Ganz liebe Grüße,
Johanna
Liebe Johanna, dank deines Beitrags habe ich heute zum 1. Mal seit Jahren wieder ein knapp knielanges Kleid angezogen! Und es fühlt sich sooo gut an bei den derzeitigen Temperaturen in Hamburg! Und viele Menschen kamen mir lächelnd entgegen…
Danke für deinen ermutigenden Beitrag!
Eva
Liebe Eva, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr mich das freut, wirklich!
Ich dachte heute auch ein paar Mal so beim Blick auf meine Beine: puhhh…. aber ehrlich, bei diesem Wetter in lang?! NEVER EVER AGAIN.
Toll, dass du den Schritt gewagt hast, ich hoffe, du kannst die warmen Tage genießen.
Ganz liebe Grüße,
Johanna
Danke für den Artikel – hab ich grad gebraucht ?
Ich habe mir schon letzten Sommer Shorts gekauft, keine superkurzen, wo die halbe Pobacke rausschaut, aber kurz, knapp bis zum Knie bzw. halber Oberschenkel. Es ist soooo angenehm.
Ich habe Narben, blaue Flecken, Besenreiser und Dellen – so what!
Wer darf sich herausnehmen, die Wohlgefälligkeit meiner Beine zu beurteilen – niemand außer mir!
Ich trau mich inzwischen auch Kleider im Büro zu tragen, nicht knöchellang, nicht megakurz, sondern Businesslänge und am Freitag auch mal einen Hauch kürzer.
Freeyourlegs, Yessss!
Vielen Dank für den ehrlichen Beitrag! Ich zeige meine Beine im Sommer auch sehr ungern, aufgrund von Krampfadern und Blässe. Daher finde ich gerade solche Geschichten sehr inspirierend und bin immer mehr mit Kleidung am Experimentieren. Es ist beeindruckend, was für einen Effekt diese Änderung für dich hatte – weniger Stress und weniger Schwitzen klingt schon verlockend.